Wahlkampf: Erster Schlagabtausch der Kandidaten

André Grote (FDP), Klemens Kowalski (Linke), Oliver Kellmer (SPD), Oliver Grundmann (CDU), Moderator Björn Vasel vom Tageblatt, Ralf Poppe (Grüne), Astrid zum Felde (AfD), Richard Bodo Klaus (Piraten), Organisator der Podiumsdiskussion Niels Kohlhaase vom Stadtjugendring und BBS-Schulleiter Jörg Schröder (von links). Foto Wisser (Tageblatt)

Bei der Begrüßung der Gäste und Zuhörer: BBS-Schulleiter Jörg Schröder und SJR-Vorstandsmitglied Niels Kohlhaase - Foto: SJR
Bei der Begrüßung der Gäste und Zuhörer: BBS-Schulleiter Jörg Schröder und SJR-Vorstandsmitglied Niels Kohlhaase - Foto: SJR

BUXTEHUDE. Es war das erste Aufeinandertreffen der Kandidaten für das Bundestagsmandat im Wahlkreis. Im Atrium der Berufsbildenden Schulen in Buxtehude stellten sich die sieben Politiker den kritischen Fragen von TAGEBLATT-Redakteur Björn Vasel und den 350 Schülern. [Organisiert wurde die Podiumsdiskussion vom Stadtjugendring, hauptverantwortlich von Vorstandsmitglied Niels Kohlhaase.]

 

Von Karsten Wisser und Luisa Krause (beide Tageblatt)

 

Für den Wahlkreis bewerben sich Amtsinhaber Oliver Grundmann von der CDU, Oliver Kellmer von der SPD, Klemens Kowalski von den Linken, Ralf Poppe von Bündnis 90/Die Grünen, André Grote (FDP), Astrid zum Felde (Alternative für Deutschland) und Richard Bodo Klaus (Die Piraten). Realistische Chancen auf das Direktmandat haben hier in der Region dabei nur die Kandidaten von CDU und SPD.

Rd. 250 Zuhörer folgten der Diskussionrunde im Forum der BBS - Foto: SJR
Rd. 250 Zuhörer folgten der Diskussionrunde im Forum der BBS - Foto: SJR

Wieso stellen sich die Kandidaten zur Wahl?

In der ersten Antwortrunde ging es um die Frage, wieso sich die Kandidaten zur Wahl stellen. Der Sitzordnung folgend antwortete die AfD-Kandidatin und Kreisvorsitzende Astrid zum Felde, dass ihre Partei gebraucht werde, weil sich die anderen ohnehin alle einig seien und die AfD die einzige Partei sei, die sich absetzt. „Wir brauchen insbesondere in den Bereichen Migration und der Ausbreitung des Islams wieder eine echte Opposition.“ Es blieb der einzige wirklich provokante Satz der Ratsfrau aus der Samtgemeinde Lühe.Schulleiter Jörg Schröder hatte in seinem Eingangsstatement darauf hingewiesen, dass die BBS bei der Aktion Schule gegen Rassismus dabei sei.

 

SPD-Kandidat Kellmer nutzte die Vorlage der AfD-Kandidatin. Er sei zum zweiten Mal angetreten, weil er genau solche Äußerungen im Bundestag nicht hören wolle. Er hatte in der Diskussionsrunde seine stärksten Momente, wenn er sich an den Rechtspopulisten abarbeiten konnte. Angesichts der eigenen Regierungsbeteiligung konnte der Richter und SPD-Ortsvereinsvorsitzende aus Stade inhaltlich nur sehr begrenzt zu Grundmann auf Konfrontationskurs gehen. Sein Schwerpunktthema ist die soziale Gerechtigkeit. Kellmer stellte fest, dass die CDU die SPD-Programmatik wie beim Mindestlohn umgesetzt habe.

 

Der Pirat Richard Bodo Klaus hatte sich die Lebensläufe seiner Mitbewerber offensichtlich nicht angeschaut. Er sagte, dass er der Geeignete sei, weil er der Einzige sei, der etwas von Internet-Technik (IT) verstehe. Das passte nicht, weil sowohl der Linke Kowalski als auch der Grüne Ralf Poppe IT-Fachleute sind. Klaus sieht den Schutz der Privatsphäre und den Schutz der persönlichen Daten ganz oben auf seiner Tagesordnung.

 

Kowalski warb damit, dass „wir die einzige Partei sind, die die Söhne und Töchter des Landes nicht in schmutzige Kriege schickt und für soziale Gerechtigkeit steht“. Jede der vertretenen Parteien hatte unter den Zuhörern ihre Fans. Kowalski schien mit seiner klaren Sprache allerdings am besten bei den Schülern anzukommen. Daran änderte sich auch nichts, als Moderator Vasel feststellte, dass die Linke ja schon einen deutschen Staat zugrunde gerichtet habe.

 

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Oliver Grundmann schilderte seinen beruflichen Werdegang, präsentierte sich als Aufsteiger aus einer typischen Arbeiterfamilie. „Ich will mich dafür einsetzen, dass wir eine richtig tolle Entwicklung haben, dass es wirtschaftlich richtig vorangeht“. Grundmanns Strategie bestand darin, mit der aus seiner Sicht guten wirtschaftlichen Entwicklung zu punkten und das Erreichte zu verteidigen. Auf die Frage, wie er als dem rechten CDU-Flügel zugehöriger Politiker mit einer „sozialdemokratischen“ Kanzlerin klar komme, bekannte sich Grundmann zu konservativen Werten und zu Kanzlerin Angela Merkel, auch wenn es normal sei, das einem in der eigenen Partei nicht jede Entscheidung gefallen würde.

 

Grüne sind die einzige wirkliche Alternative. Wir wollen Politik für alle Menschen machen“, sagte Ralf Poppe aus Harsefeld und wehrte sich gegen den Satz von Moderator Björn Vasel, dass er angesichts der schwierigen Kandidatensuche von Bündnis 90/Die Grünen ein Verlegenheitskandidat sei. Die Grünen wollen mit einem bedingungslosen Grundeinkommen Wähler anlocken, weil die Arbeit immer weniger werde. Das sei auch ein Thema, weil in der Autoindustrie wegen der Elektromobilität Arbeitsplätze wegfallen würden.

 

André Grote von der FDP will in den Bundestag, weil er ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen möchte und nicht vom Staat bevormundet werden will. „Ich will gerne selbst entscheiden, wann ich was esse“, sagte der Buxtehuder in Richtung Grün.

Klemens Kowalski im anschließenden Gespräch mit Schülern. - Foto: Wisser (Tageblatt)
Klemens Kowalski im anschließenden Gespräch mit Schülern. - Foto: Wisser (Tageblatt)

Fragerunde der Schüler zum Abschluss

Bei der Fragerunde der Schüler ging es dann neben naheliegenden Bildungsthemen um Klimawandel, Terrorgefahr und Steuergerechtigkeit. Das wichtigste Fazit des ersten Aufeinandertreffens der Kandidaten: Sehr viele Schüler interessieren sich – anders als häufig behauptet – für Politik. Das zeigte sich an der großen Besucherzahl an der BBS und bei der regen Teilnahme an der Diskussion.

 

Weitere Auftritte

Die Verdi-Ortsvereine Buxtehude/Altes Land und Stade nutzen die Bundestagswahl, um mit örtlichen Kandidaten gewerkschaftliche Forderungen an die Parteien zu diskutieren. Ein Schwerpunkt soll das Thema Rente sein. Die Gewerkschaften im DGB fordern einen Kurswechsel in der Alterssicherung. Kornelia Knieper, stellvertretende Geschäftsführerin des Verdi-Bezirkes Bremen-Nordniedersachsen: „Wir fordern den sofortigen Stopp der Absenkung des Rentenniveaus und die Anhebung auf ein Niveau, das den Lebensstandard sichert.“ Verdi wird allerdings nicht alle Direktkandidaten vor Ort haben. Die AfD wurde nach Absprache mit den Verdi-Ortsvereinen nicht eingeladen. Die Piraten hatte man bei der Gewerkschaft aufgrund ihrer relativen Bedeutungslosigkeit gar nicht mehr auf dem Zettel. In Stade haben nur die Kandidaten von Grünen und Linken zugesagt.

Die Veranstaltungen:

In Buxtehude am Sonntag, 20. August, 11.30 Uhr (mit anschließendem Grillen nach der Diskussionsrunde), Malerschule Buxtehude, Deck 1.

In Stade am Donnerstag, den 24. August, um 18 Uhr, Hotel „Vier Linden“ in Stade-Schölisch, Schölischer Straße 63.

„Meiner Meinung nach hat sich die SPD am besten und sympathischsten präsentiert. Die Aussagen waren vernünftig. Allerdings müssen alle Parteien einen Schritt nachlegen, es ist noch nicht so viel Vertrauen bei mir vorhanden.“ Oliver Langenkamp (19), einjährige Berufsfachschule IT

„Es ist schwierig zu sagen, da es nicht genügend Zeit für Fragen gab. Darüber hinaus sind die Politiker auf viele Fragen nicht eingegangen. Zum größten Teil haben mir die Antworten von der Linken und von den Piraten gefallen.“ Carlotta Sczesny (17), Wirtschaftsgymnasium

„Mich hat am meisten Kowalski von der Linken überzeugt, weil er gelassen auf die Fragen reagiert hat und nicht ausgewichen ist. Außerdem ist er am stärksten auf die jungen Menschen eingegangen und er hat sich kritisch geäußert. “ Finn-Luca Böhning (18), Wirtschaftsgymnasium

„Echt nicht leicht zu sagen, aber ich finde Herrn Kowalski von der Linken ganz gut, weil mir seine Aussagen gefallen haben. Trotzdem bin ich dem skeptisch gegenüber, weil man nicht weiß, ob es wirklich umgesetzt werden kann.“ Kira S. (21), Auszubildende für Groß- und Außenhandel

„Grote von der FDP hat mich am meisten überzeugt, weil er den Respekt der Freiheit und der Selbstbestimmung angesprochen hat, was außer ihm keine andere Partei gemacht hat. Zudem hat er sich über die übermäßige Regulierung beschwert.“ Mirco Künne (18), Wirtschaftsgymnasium

www.Tageblatt.de  17.08.2017